Skip to main content

Laguna Seca, 25. – 27.9.2015

„The Monterey Historics“ und „The 50/50“ des Jahres 1998 waren es, die Brian Redman und den (2008 leider verstorbenen) Porsche PR-Mann Bob Carlson auf die Idee brachten, im Sommer 2001 in Lime Rock Park die erste Porsche Rennsport Reunion zu veranstalten. Der Erfolg war überwältigend, eine riesige Familienparty für mehr als 18.000 Porsche Fans und Fahrer sprengte fast den Rahmen der Möglichkeiten in Lime Rock. 2003 und 2007 folgten Rennsport II und III am Daytona International Speedway, 2011 übersiedelte die Rennsport Reunion IV nach Kalifornien.

Ursprünglich geplant für 9-11 Oktober 2015, hat man bei Porsche Ende 2014 wegen des  gleichzeitig stattfindenden FIA-Langstrecken WM-Laufs in Fuji umdisponiert. Eine glückliche Fügung, die es ermöglicht hat, das 2015er Siegerauto, den Le Mans Porsche 919 Hybrid mit der Startnummer 19, wie auch die Gesamtsieger Earl Bamber  und Nick Tandy und deren Kollegen Mark Webber, Brendon Hartley und Neel Jani nach Laguna Seca zu bringen.

Weitere aktuelle und erfolgreiche Porsche Fahrerpersönlichkeiten wie Wolf Henzler, Jörg Bergmeister, Michael Christensen, Patrick Long und Frédéric Makowiecki waren ebenso zu sehen und zu sprechen wie unzählige legendäre Porschefahrer der vergangenen Jahrzehnte, allen voran das erste für Porsche in der Gesamtwertung siegreiche Le Mans Team von 1970: Die beiden ehemaligen Formel 1 Fahrer Hans Hermann (geb. 1928!) und Richard Attwood (geb.1940).

Die Dichte an Le Mans Siegern ist beeindruckend: Neben dem 6-fachen Le Mans Sieger Jacky Ickx (davon 3 x im Porsche 936 und 1 x im Porsche 956), Derek Bell (5 Siege, davon 4 auf Porsche), Hurley Haywood ( 3 Siege, 936, 956, Dauer 962LM), auch Gijs van Lennep (1971 im 917K mit Dr. Helmut Marko, 1976 im 936 mit Ickx), Jürgen Barth (1977 mit Ickx und Haywood) und auch Hans-Joachim Stuck (1987) hat zum ersten (aber laut eigener Aussage wohl nicht letzten) Mal den Weg zur Rennsport Reunion gefunden.

Nicht zu vergessen: Vern Schuppan, Sieger in Norbert Singers Le Mans Favorit der Porsche Siegerjahre: 1983. „Nobody´s perfect“ titelte Porsche damals, nachdem sich ein Sauber C7 als einziger Nicht-Porsche unter den Top Ten platzieren konnte.

Oder der legendäre „Quick Vic“ Vic Elford, einer meiner persönlichen Favoriten, der in seiner aktiven Zeit einer der vielseitigsten Rennfahrer überhaupt war: Gesamtsieg für Porsche bei der Rallye Monte Carlo 1968,  1 Woche später Sieg beim 24 Stunden Rennen in Daytona. Im Mai dann der unvergessliche Sieg bei der Targa Florio, den Porsche mit einem Plakat feierte, das erstmals keinen Porsche Rennwagen, sondern das Porträt des siegreichen Fahrers zeigte.

2 Wochen später der Sieg beim 1000km Rennen auf dem Nürburgring, ein Rennen, das er als einer von nur 4 Fahrern (die anderen 3 waren Rudolf Caracciola, John Surtees und Stirling Moss) 6 Mal gewann.

Ebenfalls unvergessen: Vic´s Sieg im 1. Rallycross Lauf der Geschichte auf einem Serien-Porsche 911 aus dem Showroom des englischen Importeurs,  und natürlich die unzähligen Siege, Runden- und Geschwindigkeitsrekorde auf Strecken wie Nürburgring, Daytona, Sebring, Norisring, Monza, Buenos Aires, Road Atlanta, Laguna Seca, Riverside, und natürlich Le Mans, wo er außer 2 Klassensiegen (1967 und 1973) als erster Fahrer mit über 241 km/h (150 mph) Rundenrekord  im Porsche 917LH von Porsche Salzburg fuhr.

Jochen Mass, Willi Kauhsen, Rudi Lins, Gerard Larrousse, George Follmer, Brian Redman, Jackie Oliver, David Piper, Danny Sullivan, James Weaver, Jeff Zwart  und David Murray sind weitere erfolgreiche Porschefahrer, die es sich meist auch nicht nehmen ließen, eines Ihrer ehemaligen Siegerautos noch einmal im Renntempo durch die berühmte „Corkscrew“ zu pilotieren.

Über 300 Porsche der Baujahre 1952 bis 2015 wurden aufgeboten, um von Freitag morgen bis Sonntag Nachmittag den rund 50.000 Zuschauern Porsche Rennsport vom Feinsten in 7 Gruppen zu bieten, insgesamt waren weit über 1000 Porsche im Infield der Rennstrecke zu bewundern, der größte Teil davon Fahrzeuge der Mitglieder des Porsche Club of America, mit deutlich über 100.000 Mitgliedern der weltgrößte Markenclub.

Exclusiv für rund 50 glückliche PCA-Mitglieder reserviert war die Gruppe 1, der  Sholar-Friedman CUP, alle Teilnehmer mit Fotos z.B. hier: https://www.pca.org/news/2015-09-08/pca-club-racing-will-have-run-group-rennsport-reunion-v

In der Gruppe 2, dem Gmünd Cup, tummelten sich  neben vielen 356 Coupes, Speedster und 550 Spyder auch extreme Exoten wie ein 55iger und ein 59iger Devin-Porsche, ein 1964iger Porsche Platypus, 4 Porsche 718 (Chassis-Nr. 718-027, -28, -60 und -66) oder ein 1952 Glöckler Porsche mit der Chassis Nr. 3.

Sieger in der Gruppe 2: Cameron Healy im 1953 Porsche Cooper (Pooper) mit einer Rundenbestzeit von 1:46.388 (Schnitt 121.88 km/h), vor Greg Campbell im Devin-Porsche und George Balbach im 61iger 1600 Roadster.

Die Eifel Trophy:

43 Pretiosen aus der frühen 11er Periode, bunt durchmischt mit 914/4 bis 914-6GT. Sieger in dieser Klasse der Brasilianer Alan Terpins im 68iger Porsche 911 T/R mit der Startnummer 40 in 1:44.799 (Schnitt 123,72 km/h). Was diese Zeit wert ist, zeigt die schnellste Runde von Patrick Long, der sich, ebenfalls in einem 68iger 911 T/R mit  Platz 4 in dieser Klasse zufrieden geben musste: 1:45.654.  Während Fritz Seidel und Thomas Gruber (im 2.5 Liter 914-6) noch 1:44iger Zeiten fahren konnten, kam Jürgen Barth trotz 2.5 Liter im 911 ST nur auf 1:46.9 und damit auf Platz 7, während Hurley Haywood im 67iger 2Liter 911 S mit 1:49:5 über den für ihn doch enttäuschenden 16. Platz nicht hinauskam.

Im mit 20 Rennwagen besetzten Weissach Cup waren die „Plastik Porsche“ der frühen Jahre unter sich.  Elva- und Bobsy-Porsche, Carrera 6, Porsche 910, 908 und 917 waren wegen einiger früher Ausfälle dann nur mehr 15 Fahrzeuge in der Endwertung. Sieger Bruce Caneppa im 917K mit der Startnummer 2 konnte nach dem frühen Ausfall von Charles Nearburg Nummer 8  einen souveränen Sieg vor Chris MacAllister (ebenfalls 917K, Startnummer 21) und Gunnar Jeannette im 908 LH mit der Startnummer 25 einfahren. Der favorisierte Porsche 917/30 in Livree des ehemaligen Meisterwagens von Mark Donohue wurde vom neuen Eigentümer, dem Australier Peter Harburg dagegen äußerst vorsichtig bewegt, war aber trotzdem eine Augenweide und ein Ohrenschmaus für die Fans.  Die schnellste Runde von Bruce Caneppa im 917K: 1:31.962 bzw. ein Schnitt von 141 km/h.

Weiter geht’s mit der Carrera Trophy: 45 Boliden, überwiegend 911 RSR, 934, 935, 1 924 Carrera GTS Clubsport, 1 Holbert 924 GTR.

Hier ging der Sieg nach einem mitreissendem 19 Runden langen Rad an Rad - Duell an Charles Nearburg im Ex-Dick Barbour Kremer Porsche 935 K3, mit dem 1980 Barbour, Fitzpatrick und Brian Redman den Sieg in der IMSA-Klasse in Le Mans und den 5. Platz in der Gesamtwertung erreichten. Mit einem Rückstand von gerade einmal 0.227 Sekunden fuhr der Werkspilot Patrick Long den roten 1983iger Coca-Cola / Escort Porsche 935 mit der Startnummer 5 auf den zweiten Platz, die schnellste Runde gerade einmal 2 Zehntel langsamer als die von Nearburg, aber über 2 Sekunden schneller als der Drittplatzierte Fred Kaimer im schwarzen Interscope Kremer 935 K3. Bei diesen Zeiten konnte Jürgen Barth im Jägermeister-orangen Kremer Porsche 911 3.0 RSR  natürlich nicht mithalten, 1 Runde Rückstand und eine schnellste Runde mit 1:39.318 reichten noch für Platz 10. Was mit einem 3 Liter Sauger RSR auf dieser Fahrerstrecke noch machbar ist, zeigte Mark Hotchkis mit dem 6. Platz hinter 5(!) 935ern und einer Zeit von 1:35.8 und damit gerade mal 5 Sekunden langsamerer Rundenzeit als der Sieger, der immerhin schon eine 143,74 km/h Runde auf den Asphalt zauberte.

Im Stuttgart Cup waren die Super-Cars der Stuttgarter Sportwagenschmiede zu bestaunen: 956(C), 962(C), RS-Spyder, sowie die Cup- und RSR Versionen von 964, 993, 996 und 997, sowie ein 2008 Riley Porsche Daytona Prototype, ein 2003 Porsche Fabcar Daytona Prototype in den Farben des Brumos Teams.

Erwartungsgemäß ging der Sieg an einen RS-Spyder. Jeroen Bleekemolen, der schon 2008 und 2009 den Porsche Supercup für sich entscheiden konnte, und 2008 auch mit Jos Verstappen im RS-Spyder die LMP2-Wertung in Le Mans gewinnen konnte, setzte sich souverän im „alten“ 2007er RS-Spyder an die Spitze der Klassenwertung und mit einer Rundenzeit von 1:19.678 blieb er als einziger Fahrer an diesem Wochenende unter 1:20.

Zum Vergleich: Offizieller Rundenrekord ist 1:07.722, gefahren in einem Penske Champ Car, die Pole Zeit von Jorge Lorenzo 2012 war 1:20.554, den Rekord für Seriensportwagen hält der Porsche 918 Spyder mit 1:29.89. Umso beachtlicher die Leistung von Wolf Henzler, der sich im grünen 2012er Falken-997 mit einer Zeit von 1:27.069 mitten in die Armada der überlegenen RS-Spyder und Sportprototypen hineinfahren konnte. Bester Nicht RS-Spyder-Fahrer war einmal mehr Patrick Long, der mit 1:23.690 im Porsche 962 die zweitschnellste Runde drehte und hinter Cooper MacNeil und noch vor David Donohue (ebenfalls RS-Spyder) den dritten Platz belegte.

Ähnlich aufgezeigt hat auch Mark Bullitt, der im 2003er 996-GT3 MR nur knappe 3 Sekunden langsamer als Henzler den beachtlichen 7. Platz herausfuhr – unter den Top Ten damit außer den RS-Spyder und 962 nur die beiden 11er von Henzler und Bullit.

Diese beiden hätten auch hervorragende Chancen in der Porsche GT3 CUP Challenge gehabt, die in 2 Läufen als offizieller IMSA Bewerb ebenfalls im Rahmen der Rennsport V ausgetragen wurden. Mit den schnellsten Rundenzeiten von 1:29.334 bzw. 1:28.470 kamen die Challenger nicht an die Zeit von Henzler heran und konnten auch Mark Bullitt im schon als Klassiker zu bezeichnenden 996er nicht wirklich abhängen.

Zwischen den Trainings, Qualifyings und Rennen eine überwältigende Vielzahl an wunderschönen, topgepflegten Straßen- und Rennporsches, im Fahrerlager genauso wie im Infield des PCA. Endlose Schlangen bei den Autogrammsessions der Prominenz, genauso wie vor dem Porsche Design Outlet und den übrigen Souvenir- und Fanshops.

Dank der Vorarbeit unseres Clubkollegen, des ehemaligen Porsche-Mitarbeiters Dr. Franz Kampelmühler, werde ich auf´s freundlichste vom ehemaligen Motoren-Ingenieur und Prüfstandschef Valentin Schäffer, empfangen und krieg dann auch gerade noch die Kurve, um für meine Tochter ein Autogramm von Mark Webber zu besorgen, bevor die Massen auf die Prominenten losgelassen werden. Jacky Ickx haben wir schon mehrfach bestens gelaunt im Fahrerlager getroffen, ebenfalls auf Vermittlung von Franz treffen wir auch Norbert Singer in den Boxen – Er erzählt von seinem Lieblingssieg in Le Mans 1983, vom 24 Stunden Rennen in Daytona 1973 mit dem brandneuen 73iger RSR, als Hurley Haywood trotz eines heftigen Vogelschlags das Auto sicher an die Box bringt, und Peter Gregg danach trotz riesigen Vorsprungs die von Singer initiierten Boxensignale „SLOW“ mehrfach ignoriert. Erst als der Brumos Manager die Boxensignale auf „SINGER SAYS SLOW“ ändern lässt, nimmt Gregg tatsächlich Tempo raus.

Die Freude über das Wiedersehen nach langer Zeit ist allen deutlich anzusehen, besonders die nicht mehr im aktiven Dienst stehenden „Legenden“ genießen den Trubel im Fahrerlager, im Porsche Paddock Club, im PCA-Areal mit strahlender Miene und bestens gelaunt. Mag sein, dass es im Rennstress der frühen Jahre auch mal rauh zugegangen ist,  hier ist das alles vergessen, heute überwiegt die Freude, nochmals die alten Einsatzfahrzeuge bewegen zu können, die damaligen Freunde, Kollegen und Teammitglieder umarmen und begrüßen zu können. Wenn irgendwo das vielstrapazierte Wort von der großen Porsche-Familie passt, dann ist es hier und heute – die Legenden von Le Mans wissen, was zählt: Hart arbeiten, und wenn sich der Erfolg einstellt, diesen auch ausgiebig genießen.

 

Abseits der RennSlots gibt´s natürlich auch Display-Fahrten des Le Mans Siegerautos, des aktuellen Le Mans 911er GT3 RSR, gefahren von Jörg Bergmeister und aller möglicher Pretiosen aus dem Porsche Museum oder von privaten Sammlern, die so selten und teuer sind, dass an einen Renneinsatz nicht zu denken ist.

Nicht zu vergessen: Die Weltpremiere des neuen 3.0 Liter 911, mit dem nun das Ende der 6-Zylinder Saugmotoren eingeleitet wird.

Und etwas abseits des üblichen Porsche - Mainstreams: Autogrammstunde bei Momo mit Magnus Walker, dem selbsternannten Urban Outlaw aus L.A., der gerade seinen 911er Fuhrpark signifikant aufgestockt hat: Erstmals kein F-Modell, zum 40ten Geburtstag des Turbo´s gleich 5 Stück davon: Alle mit 3.0 Liter Hubraum und ohne Ladeluftkühler.

Die Porsche Rennsport Reunion V ist Geschichte. Wieder einmal ist die größte, beeindruckendste Veranstaltung, die man sich als Porsche Enthusiast vorstellen kann, vorbei – schwer vorzustellen, dass das noch zu toppen ist. Ich bin sicher, Bruce Caneppa und Brian Redman haben schon wieder begonnen, daran zu arbeiten. Viel Erfolg dabei!

 

Reinhold Prantl